Restauration Revox F-36


mit Kommentaren von Wolfgang Schmidt

Die Vorgeschichte



Diese äußerlich mehr oder weniger lädierte Tonbandmaschine in Röhrentechnik aus dem Jahre 1962 hat über 20 Jahre auf dem (wohnraumtemperierten) Dachboden gestanden. In den Kindertagen eines großes Internetauktionshauses, damals gab es nur wenige Digitalkameras und nicht immer Bilder bei den Auktionen, hatte ich die als Vierspurmaschine angepriesene Maschine für einen Betrag unterhalb der Versandkosten ersteigert.

Der Koffer sah lädiert aus, jemand hatte das Netzkabel abgeschnitten und ich habe auch Zweifel, ob es das originale Kabel war, denn die Zugentlastung bestand aus einem Knoten hinter der Rückplatte. Das linke Kofferschloss fehlte, das Kunstleder bröckelte ab und einen defekten Bandteller, das ist das Teil worauf die Tonbandspulen gelegt werden, habe ich damals bereits ersetzt.

Wo Dunkelheit ist, ist auch Licht: Unter der Haube Zweispurtonköpfe neuer Bauart, wie sie in die B-77 gehören, neue Andruckrolle. Revisionsaufkleber von 1976, damals wurden wohl auch die Teerkondensatoren am Tastenblock gegen MKT erneuert. Der Löschkopf hing locker an einer Schraube. Die Maschine entspricht optisch und technisch dem Modell F-36, hat aber eine rückseitige Anschlussplatte einer E-36. Die Tonköpfe sehen noch sehr gut aus, keine 4mm Kopfspiegel.

Naiv wie ich damals war hatte ich die Maschine einfach angeschlossen und sie lief auch, hat in guter Qualität wiedergegeben, jedoch nicht aufgenommen. Offensichtlich hatte jemand die Renovierung dieser Maschine abgebrochen, wahrscheinlich lange vor der Versteigerung. Hatte der Vorbesitzer sich Ende der 70er Jahre ein Dolby-Kassettendeck gekauft? Oder ging es bei der Renovierung aus anderen Gründen nicht weiter?

Damals bin ich selber nochmal wieder studieren gegangen und hatte mich im Vorfeld von allen unnötigen Besitz getrennt, also von einer G-36 welche ich auch besaß und von meinen Tonbändern. Die F-36 welche offensichtlich in diesem Zustand nichts Wert war habe ich auf den besagten Dachboden gestellt, dort stand sie jetzt über 20 Jahre lang.


Der Zahn der Zeit hat bereits genagt…


Immerhin sind die grünen Kunststoffteile, Tasten u.s.w. in Ordnung


Das abgeschnittene weiße Kabel ist wahrscheinlich ohnehin nicht Original….




Köpfe neuerer Bauart, der Kopfspiegel ist noch keine 4mm breit (Macro-Aufnahme)


Es geht los



Seit einiger Zeit ist bei meinem Familienmitglied der Wunsch ausgebrochen, wieder eine Tonbandmaschine zu besitzen. In jungen Jahren besaß er die Grundig TS 945, eine Revox war damals nicht erschwinglich, mehr oder weniger ein Traumobjekt. Er schreibt mir für diese Seite

Mit 17 oder 18 Jahren hatte ich dann genug Geld für die TS 945 von GRUNDIG zusammen. Dieses Gerät glich dann schon etwas eher einer „richtigen“ Bandmaschine. Die Aufnahmen klangen damit auch schon viel besser als mit dem Gerät meiner Schwester. Mit einem Klassenkameraden aus der Berufsschule habe ich damals sogar ein kleines Hörspiel aufgenommen; leider habe ich das Band mit der Bandmaschine weggegeben. Damals habe ich natürlich von einer ReVox B77, Braun TG 1000 oder ASC 6002/6004 geträumt und mir diese Maschinen immer wieder bei den HiFi-Händlern angesehen. Leider waren diese Geräte preislich nicht in meinem finanziellen Rahmen. Ein paar Jahre später hatte die TS 945 einen Defekt und ich habe sie in Zahlung gegeben.

Ganz rational habe ich zunächst argumentiert, das es ja kaum noch analoge Signalquellen gibt, um so ein Gerät wirklich "qualitätsausfüllend" zu benutzen. Leerbänder sind in der Regel ungefähr so teuer wie die Tonträger, welche man vielleicht darauf aufnehmen kann. Da kann man sich in der Regel gleich selber die entsprechende LP oder von mir aus auch CD besorgen. Diese Argumentation sehe ich auch heute noch so.

Dennoch habe ich mich an meine Maschine erinnert. Zum entsorgen definitiv zu schade, aber ohne Restauration auch nicht zu gebrauchen. Während es an Plattenspielern und Verstärkern eigentlich nichts gibt, wofür ich fremde Hilfe brauchen würde, sieht das bei Tonbandgeräten anders aus. Köpfe justieren? Bänder Einmessen? Bandzug? Nie gemacht, keine Ahnung.

Somit bin ich bei dem Gerät bei einer naheliegenden bekannten Revox Service Adresse vorstellig geworden. Dort war man in Bezug auf Röhrengeräte aber ziemlich offline, ja ne, das machen wir nicht jeden Tag, und da brauchen wir sehr lange zu und das wird dann sehr teuer. Und überhaupt so eine Maschine, da gäbe es bestenfalls ein paar Neunzigjährige für die das eine Erinnerung an früher sei. Daher habe ich meine Maschine wieder mit nach Hause genommen.

Somit habe ich mich jetzt selbst ermächtigt, meine eigene Maschine zu restaurieren. Dank Internet sind Service-Manual und Schaltplan ja kein Problem. Die Probleme bei Ersatzteilen reichen von sehr einfach (Widerstand) über lösbar (nachgefertigte Spezial-Elkos amerikanischer Bauart) bis unlösbar (Lösung: ich brauche eine zweite Maschine zum Ausschlachten). Der Koffer ist dabei nochmal ein eigenes Thema.

Da ich anderen mit ihren Maschinen helfen möchte, habe ich mir vorgenommen, meine Restauration möglichst genau zu dokumentieren. Auch den Schaltplan möchte ich in allen Einzelheiten vorstellen, diskutieren und mit dem mechanischen Aufbau des Gerätes in Verbindung bringen. Selber lese ich gerne auch solche Berichte, z.B. auf der Website von Friedrich Hunold (frihu.com).

Für mich wird das ein eine Art Selbstweiterbildung. Ich muß mich mit anderen Dingen (Tonkopfjustage, Mechanik, Aufnahmeverstärker etc...) beschäftigen als sonst und werde bei mir eine Lernkurve generieren. Daher nehme ich auch meine abgenutzte Maschine und keine explizit gut Erhaltene als Grundlage der Restauration. Am Ende soll alles wie neu sein, egal was vorher war und ich werde gezwungen, möglichst viel auseinanderzubauen, zu messen und einzustellen.

Es gibt wohl kaum ein Audiogerät, das so komplex ist und in dessen Technik man so tief eintauchen kann wie in eine Bandmaschine. Das mag auch daran liegen, dass ein Plattenspieler letztendlich aus vielen Einzelteilen kombiniert wird und mindestens die Phonostufe und der Tonabnehmer einzeln gekauft werden. In der Maschine ist alles drin, dazu noch die Aufnahmefunktion und die komplexe Laufwerkssteuerung.




Tonbandsoziologie



Ich selber kenne Tonbandgeräte auch noch aus meiner Kindheit. Insofern ist auch der Satz mit dem 90jährigen zutreffend. Die Dinge, die uns geprägt haben, beschäftigen uns auch in der einen oder anderen Form immer wieder.

Die Revox Geräte sind gebaut wie Tresore. Solche Geräte kann man immer wieder zum Laufen bringen. Den Megadefekt, welcher das Entsorgen des Gerätes erzwingt, gibt es nicht. Oder bestenfalls wenn so ein Gerät eine Treppe hinunterfällt. Sicherlich gibt es nach so langer Zeit auch Benutzungsspuren: Kratzer auf dem grünen Kunststoff, der demolierte Koffer, abgenutzte Tonköpfe oder verbrauchte Röhren - das ist alles ersetzbar.

Das Besondere der 36er Baureihe ist nicht nur, dass das Gerät mit Röhren betrieben wird, oder das es mit die ältesten HiFi-Stereo Geräte sind, sondern die Philosophie der Entwickler, welche dahinter steht. Diese sagt das Geräte auf jeden Fall langlebig ausgelegt sind und repariert werden können. Die 36er kosteten seinerzeit jeweils ungefähr so viel wie der VW Käfer. Und so wie man den Käfer immer wieder ans Laufen bekommt läuft auch die Revox wieder.

Der andere Punkt fällt im Vergleich zu späteren Generationen von Tonbandgeräten auf. Der Gegensatz besteht in aufrecht stehenden Maschinen mit großen NAB-Aluspulen, bei denen das Thema Technik durch Design transportiert wird im Gegensatz zu einem Tonbandgerät in einem Koffer, den man bei Nichtgebrauch auch wegstellen kann und der seine Innereien vor der Außenwelt eher versteckt. Technik als Fetisch oder Technik als Gebrauchsgegenstand.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, das die junge Generation heute spätestens alle zwei Jahre ein neues digitales Endgerät benötig ist so eine Bandmaschine ganz alte Technik. Und die Vorstellung, das man sich in jungen Jahren so ein Gerät (oder ein paar Lautsprecher etc...) kauft und die halten dann ein Leben lang - damit kann diese junge Generation gar nicht umgehen. Reparatur ist etwas von Vorgestern, der Gedanke daran so museal wie die Revox.





Museale Technik



War also das Magnetband nach dem ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts schon altmodisch, ist es inzwischen historisch geworden – um nicht zu sagen museal

(Zeitschichten, eBook 2023, Autoren: Engel/Kuper/Bell/Münsner, Seite 6)

Den Eindruck habe ich auch, war mein erster Gedanke. Der zweite: Was ist mit meinem Plattenspieler? Und überhaupt die ganze Analogtechnik?

Das Wiederaufkommen von Vinyl überdeckt die Musealität der Nadeltontechnik. Wenn der Begriff Musealität das kulturelle Erbe bezeichnet, dann könnte man argumentieren, Schallplatten werden ja noch gepresst, sind also noch nicht kulturelles Erbe geworden und daher ist die Nadeltontechnik eben noch nicht (so) museal wie das Magnetband.

Andererseits könnte man auch argumentieren, das der ganze Aufzeichnungs- und Abspielvorgang beim Magnetband zwar nicht ohne Mechanik auskommt, jedoch mit erheblich weniger, insbesondere keine physische Massen, welche sich nach der Amplitude des Signals bewegen müssen (mit entsprechend besseren technischen Daten). Ohne Frage ist das Magnetband das beste analoge Aufzeichnungsverfahren. Auch die Digitaltechnik fand die magnetische Aufzeichnung ziemlich lange noch eine gute Idee, um Daten zu speichern.

Es liegt wahrscheinlich auch nicht am Magnetband an sich, auch nicht an seinem letzten Vertreter im Audiobereich, der Compact-Cassette. Die Analogtechnik verschwindet einfach aus dem Alltag, und da mit Analogtechnik gemachte Aufnahmen kulturellen Stellenwert (derzeit noch) besitzen ist diese Technik jetzt museal.

Diesen Verlauf, vom Standardverfahren zum Museum, den habe ich selber mitbekommen. Ich war ja damals auch schon auf der Welt. Vielleicht hat mich deswegen der oben zitierte Satz so angestupst: Ja wenn das so ist, dann mußt Du jetzt Deine F-36 restaurieren.


Hinten steht E-36 drauf, ist aber F-36 drin….


Kultureller Wandel



Die Älteren werden sich vielleicht erinnern. Es gab eine Zeit ohne Internet. Somit gab es auch eine Zeit, wo Musik nicht rund um die Uhr in beliebiger Auswahl verfügbar war. Wo der Rundfunk noch nicht "Dudelfunk" war und die Hörer für Musik auf eine bestimmte Sendung warten mußten. Musik war also etwas Rares und demzufolge begehrt. Aus so einer Zeit stammen die hier gezeigten Maschinen. Und selbst ein preiswertes Tonbandgerät war damals unglaublich teuer und eine Langspielplatte auch, letztere hat z.B. bei der Deutschen Grammophon in der Hauptserie praktisch immer 25 DM gekostet, von den 50er bis Ende der 80er Jahre konstant. Die Menschen haben also Rundfunkmusik aufgenommen oder sich Platten geliehen und überspielt.

Es gab so etwas wie eine physikalisch manifestierte Playlist, das selbst gemachte Mixtape. Das ist eine selbst bespielte Compact-Cassette für sich selbst oder gute Freunde, welche aus der eigenen Musiksammlung zusammenkopiert wurde und gerne auch mehr oder individuell kreativ beschriftet und gestaltet wurde.

Anfang 1984 lief der Sparvertrag aus und ich habe mir eine gute HiFi-Anlage gekauft, darunter war ein wirklich gutes Kassettendeck von DENON (DR M3). Dass ich mir keine Bandmaschine gekauft habe, lag daran, dass ich mir für mein Autoradio Musikkassetten zusammengestellt habe und dafür eine Bandmaschine natürlich nicht geeignet war. Mit der Zeit geriet das Thema Bandmaschinen in Vergessenheit.

Das war bis in die 90er Jahre hinein so, und das ist auch ein Aspekt, der jetzt sozusagen ins Museum gehört, auch wenn es sich nicht um einen Gegenstand handelt. Hier in der Nähe hat ein Freiluftmuseum sich eine ganze Dorfdiscothek vor dem Abriss bewahrt und im Museum wieder aufgebaut. Um was für einen Ort es sich handelt und was da geschehen ist muß den Besuchern heute erklärt werden: Da haben sich früher die jungen Leute getroffen. Was machen die jungen Leute denn heute so?


Unten im Chassis eingestempelt

Technischer Fortschritt und Ökonomie



Zurück zu den Kosten des heimischen Musikerlebens. Das Medium Tonband startete mit hohen Bandgeschwindigkeiten, war im Amateurbereich um 1950 bei 38cm/s und kurz darauf schon bei den 19,5cm/s Bandgeschwindigkeit, die Revox 36er können sogar 9,5cm/s. Und dabei sind aus der ursprünglichen einen Tonspur auf dem Band hier schon zwei geworden: Bei der F-36 nennt man das Zweispur Stereo oder Mono Halbspur. In Mono kann man das Band umdrehen und die zweite Seite bespielen, in Stereo geht das nicht, die andere Spur ist bereits für den zweiten Kanal verbraucht. Das war Ende der 50er Jahre bereits out; Vierspur war angesagt, also zwei Spuren in jede Richtung, Stereo zum Umdrehen.

Warum hat man das gemacht? Mit jeder Verringerung der Bandgeschwindigkeit mußte ein akzeptabler Frequenzgang jeweils neu erkämpft werden. Es hatte vor Allem ökonomische Gründe, denn Tonbänder waren teuer, und Otto Normalverbraucher war in der Regel mit weniger Qualität zufrieden, als technisch möglich. Getragen wurde das Ganze vom technischen Fortschritt, in diesem Falle vor Allem durch besseres Bandmaterial, bessere Tonköpfe und Mechanik der Geräte.

Der Gipfel der Entwicklung war die Compact-Cassette mit nochmals halbierter Bandgeschwindigkeit und schmalerem Band. Hier war neben der Kostenreduktion auch die Größenreduktion (Walkman) und die einfache Bedienbarkeit, sprich das nicht erforderliche Einfädeln des Bandes, ausschlaggebend für die Popularität.

Erst die Compact-Cassette war so preisgünstig, das fabrikbespielte Magnetbänder (in Cassetten) in Mengen verkauft werden konnten. Vorbespielte Spulentonbänder spielten in Europa praktisch nie eine Rolle. In Deutschland war das insbesondere schwierig weil die hier vorhandenen oft einfachen Geräte häufig nicht einmal 18cm durchmessende Spulen zuliessen, sodass hier verkaufte Bänder in der Regel 13cm Spulen mit 9,5cm/s Bandgeschwindigkeit und vier Spuren waren. In den USA gab es 18cm und 19,5cm/s und somit mehr Potential dem Hörer zu beeindrucken auch wenn es - verglichen mit der Schallplatte - ein kleiner Markt war.

Während der Benutzer (neudeutsch "Enduser") bei Medien wie Tonband oder auch dem fotografischen Film direkt mit physikalischen und chemischen Prozessen zu tun hat und über ein Minimum an Kenntnissen verfügen muss (Aussteuerung, Belichtung, Entwicklung usw.), kommt er am digitalen Endgerät praktisch ohne jedes Wissen zum Ziel. Was macht das mit dem Nutzer des Mediums?

Niemand kann den Lauf der Dinge aufhalten. Was technisch möglich war, ist ohnehin immer gemacht worden. Wer das aufhalten wollte, würde gegen Windmühlenflügel ankämpfen. Dennoch darf so eine alte Revox faszinieren, dafür ist völlig egal, wie heute sonst Musik gehört wird oder wie modern die verwendete Technik ist.

Keinesfalls sollte man vergessen, dass die Technik und der technische Fortschritt keine Glückseligkeit bedeuten. Damit meine ich, dass der Musikhörer heute mit der modernen Technik nicht glücklicher ist durch das Musikhören als der F-36 Hörer im Jahr 1962. Die hohe Verfügbarkeit von Musik immer und überall sorgt heute sorgt eher für das Gegenteil. Musik konkurriert heute mit Videospielen und sozialen Medien um die Gunst der Aufmerksamkeit. Letztere eröffnen eher ein Tor zu Problemen und Abhängigkeiten während Musik ein Tor zu Spiritualität sein kann.


Kommentar von W. Schmidt - Meine heutige Sicht



Derzeit nutze ich für die Musikwiedergabe einen Mediaplayer von T+A, der fast alle digitalen Medien abspielen kann (CD, Streamingdienste, Dateien). Meinen letzten Plattenspieler nutze ich immer noch und meine Schallplatten habe ich nicht verkauft, sondern in weiser Voraussicht behalten. Ein Aufnahmegerät habe ich nicht. Nachdem mein Verstärker zur Aufarbeitung beim Hersteller RESTEK war und ich mir neue Lautsprecher gekauft habe, habe ich feststellen müssen, dass jede Aufnahme nur so gut ist wie der Tonmeister war. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine CD, eine Schallplatte oder eine HiRes-Datei abgespielt wird. Vor ein paar Jahren war man ja der Meinung, dass die CD den „Tod“ der Schallplatte einleiten wurde. Weit gefehlt, es gibt wieder jede Menge Plattenspieler wie auch Schallplatten zu kaufen. Sogar Jugendliche kaufen sich wieder Schallplatten, auch wenn einige sie gar nicht hören können.

Vor ca. 3 Jahren tauchte ein Bericht über Bandmaschinen in der STEREO auf. Dieser Bericht muss meinen Wunsch nach einer Bandmaschine ausgelöst haben. Bei meinem abonnierten Streamingdienst habe ich festgestellt, dass es das eine oder andere Album nur als Download oder ggf. noch als LP gibt aber nicht als CD. Bei meinen monatelangen Recherchen zum Thema Bandmaschinen ist mir aufgefallen, dass es etliche Leute gibt, die bereits eine Bandmaschine wieder zum Leben erweckt oder gar gekauft haben. Weiterhin gibt es ein paar Werkstätten, die restaurierte Bandmaschinen bzw. deren Restaurierung anbieten (teilweise auch mit einem neuen Gehäuse und/oder Frontplatte). Ebenso kann man inzwischen Kopien von originalen Masterbändern kaufen (sind natürlich nicht billig), was es früher meines Wissens nicht gab.

Zu dem deutschen Hersteller von neuen Bandmaschinen gibt es inzwischen einen weiteren in Frankreich (war auf der High-End 2023). Es gibt Maschinen, die nur wiedergeben und nicht aufnehmen können (das gab es früher nicht) sowie Maschinen, die beides können. Von den Preisen her dürfte es sich um Bandmaschinen für Profis handeln, denn es gibt immer noch „Bands usw.“, die ihre Songs auf analogen Bandmaschinen aufnehmen! Einige Künstler veröffentlichen ihre neuen Alben sogar auf Musikkassetten. Auch Leerbänder sind wieder zu erwerben. Bei einigen neuen Verstärkern gibt es auch wieder einen Tape-Ausgang und manchmal sogar einen Schalter für die Hinterbandkontrolle. Das würde kein Hersteller machen, wenn die Bandmaschine tot wäre.

Der eigentliche Grund für den Erwerb und vor Allem die Nutzung einer Bandmaschine ist für mich, dass man durch das Drehen der Spulen und die Bewegung der VU-Meter die „Musik sehen“ kann. Die Schallplatte dreht sich und auf deren Hülle kann man allerhand Informationen lesen (bei der Kopie eines Masterbandes ist es ähnlich). Hersteller von Verstärkern bauen auch wieder VU-Meter in ihren Geräten ein und ich denke, dass das der gleiche Grund ist wie meiner. Es ist einfach faszinierend! Eine Schallplatte oder ein Tonband einzulegen und abzuspielen ist etwas Besonderes, Streaming schnöder Alltag! Für mich ist eine Bandmaschine genau so wenig tot wie ein Plattenspieler! Ich hoffe, dass ich in naher Zukunft eine B 77 bei mir in Betrieb nehmen kann.



Es wurde Revidiert, 1976…. heißt str etwa "Studer Revox"?


Die 36er Baureihe



Bevor das Modell A-36 auf den Markt kam, gab es von Studer bereits Bandmaschinen für den professionellen Einsatz und ein Heimgerät Revox T-26. Aus diesen Erfahrungen wurde mit dem Modell 36 ein Dreimotoren Laufwerk konstruiert. Während normale Amateurtonbandgeräte lediglich einen Motor besaßen, der durch allerlei mechanische Vorrichtungen alle bewegten Teile antrieb, wurde hier einfach unter jedes bewegte Teil ein eigener Motor gesetzt (wie bei professionellen Studiogeräten). Aufgrund dieses besonderen Laufwerkes haben alle Revox Tonbandgeräte von A-36 bis B-77 mehr gemeinsam als man von außen denken mag. Und dieses Laufwerk ist auch die Grundlage für die herausragende Langlebigkeit der Geräte.

Den Abschluss der Serie bildete die G-36, von der mehrere Serien gebaut wurden. Die Besonderheiten des G-36 im Vergleich zur F-36 sind
- Spulen mit 26,5cm statt 25cm Durchmesser sind möglich
- mechanische Aussteuerungsinstrumente statt magisches Band
- in späteren Serien: optische Endabschaltung statt mechanische Endabschaltung

Für Röhrenfreunde sind diese Modelle willkommene Alternativen zu den späteren Modellen auf Transistorbasis. Klanglich würde ich mich sofort immer wieder so entscheiden. Übrigens auch aus Gründen des Handlings, denn von der Bedienung her halte ich die liegenden 36er Geräte für Alltagstauglicher, insbesondere das Einfädeln des Bandes geht hier meines Erachtens viel flüssiger als bei späteren Modellen.


Papst Außenläufer Wickelmotor mit Datumsstempel 13.Nov.1962

Funktionsübersicht F-36



Durch einen Dreh an dem durchsichtigen Kunststoffschalter ganz links schaltet man die Maschine mit einem satten "Klack" an. Daneben sind ein roter und ein schwarzer Knopf zu sehen, an denen die Bandgeschwindigkeit gewählt wird (9,5cm und 19,05cm/s). Die Tonspur bei Wiedergabe (Stereo, links oder rechts) kann mit dem Schalter halblinks gewählt werden, bei Aufnahme kann hier die Hinterbandkontrolle erfolgen. Die grauen Potetiometerknöpfe darüber regeln die Lautstärke und den Klang des eingebauten Lautsprechers.

Die beiden Poti rechts auf dem Chassis dienen als Aussteuerungsregler. Mit den Kunststoffscheiben darunter wird eingestellt, von welcher Quelle aufgenommen wird. Als Aussteuerungsanzeige dient ein Magisches Doppelband mittig vor dem Tonkopfgehäuse.

Links in der zweiten Reihe sind die Tasten für das Laufwerk, welche ausschliesslich elektrisch (wenn auch nicht elektronisch) die Laufwerksfunktionen schalten. Von links nach rechts: Rückspulen (Rewind), Vorspulen, Wiedergabe (Play), Stop und Aufnahme (Record). Bei Aufnahme muß die entsprechende Taste zusammen mit Wiedergabe gedrückt werden.

Auf der Rückseite befindet sich:
ein Wählschalter für die Netzspannung mit einer Feinsicherung in der Mitte
ein Anschluß für eine Kabelfernbedienung, welcher bei Nichtnutzung mit einem Blindstecker versehen sein muß.
ein Paar Cinchausgänge
satte drei Paar Eingänge (wobei der Anschluss "Radio" der für heutige Zwecke praktikable Eingang ist). Die Cinchbuchsen lassen nur schlanke Stecker zu, da sie eng beieinander liegen.

Aus Sicht des späten Analogzeitalters handelt es sich also um ein ziemlich minimalistisches Gerät


Staubig vor der Restauration: Aussteuerung, Kanal- und Eingangswahl für die Aufnahme

Hinaus aus dem Koffer


Zuerst die Schlitzschrauben der Regelknöpfe lösen aber nicht ganz herausdrehen. Die Knöpfe hochnehmen, dann die durchsichtigen Kunststoffscheiben abnehmen und beiseite legen.

Um das Gerät aus dem Koffer zu bekommen, müssen neben den sechs Linsenkopfschrauben am Chassis auch die beiden Muttern am unteren Ende der Halterungen der vorderen Tonkopfabdeckung losgeschraubt werden. Beim Abheben der grünen Kunststoffplatte ist unbedingt auf den mechanischen Bandendabschalter an der linken Bandführung zu achten. Die beiden Teile, die die vordere Tonkopfabdeckung halten, sind wie rohe Eier zu behandeln, da die Metallflügel leicht abbrechen.

Die Maschine ist nun mit vier großen Schrauben in ihrem Koffer festgeschraubt. Nach Lösen dieser Schrauben kann sie vorsichtig nach oben herausgenommen werden. Dabei sollte man auf seine Finger, auf hervorstehende Elemente des hinteren Anschlussfeldes und den nun freiliegenden Lautsprecher vorne achten.

Der Lautsprecher wird mit seiner Holzwand durch lösen von vier Schrauben vorne abgeschraubt, das Chassis wird anschliessend abgelötet um Freiraum zu bekommen.

Auf der Unterseite des Gerätes befinden sich die Röhren und der Audioverstärkerteil. Rechts eine Platine mit der Oszilatorschaltung für die Aufnahmefunktion, links das Netzteil mit dem Siebelko und dem Ausgangsübertrager für den eingebauten Lautsprecher. Die zwei Papst Außenläufer Wickelmotoren werden ebenso sichtbar wie der große Capstanmotor mit Schwungmasse, der heute von der Größe her auch als Waschmaschinenmotor durchgehen würde.


Audioverstärkerteil


Vorbereitungen zur Restauration


Im Nachhinein kann ich gut sagen, dass man sehr viel Zeit benötigt. Wirtschaftlich ist eine Vollrestauration einer solchen Maschine nicht zu machen; es ist tatsächlich etwas, das man für sich selbst macht. Und es wird sich auch schwerlich ein Service finden, der es noch einigermaßen bezahlbar machen kann. Wie lange dauert es? Grob zwei Wochen Vollzeit (also um 80 Stunden) für alles mit Kopfjustage usw

was man benötigt:
- Schaltplan (aus dem Netz)
- Service Manual (aus dem Netz)

Werkzeug:
- Schlitz- und Kreutzschlitzschraubendreher, verschiedene Größen, vor allem Schlitz
- Schraubenschlüssel von 5 bis 14mm
- Innensechskant für kleine Größen
- Am besten auch mehrere verschiedene Pinzetten, darunter eine Spitze
- ebenso mehrere verschiedene feine Zangen und Schneidwerkzeuge
- Spezialwerkzeug zum Auf- und Abnehmen von Sicherungsringen kleiner Größen
- Lötstation (und Zubehör, Lötzinn u.s.w.), Entlöthilfe
- evtl. Heißluftpistole (zum lösen fester Verbindungen)

was in der Maschine bleibt
- Sinterlageröl, Molybdänfett
- 2 Kugellager Typ 608
- neue Andruckrolle
- Ersatzkondensatoren (Elko, Motorkondensatoren, ggf. Ersatz für Teerkondensatoren)
- Schwarzes Gewebeklebeband (oder weniger authentisch: Kabelbinder oder Schrumpfschlauch)
- Reinigungsmittel, Q-Tipps, Kontaktreiniger, Kunststoffreiniger, Gummipflegemittel
- Schraubensicherungslack
- Für den Koffer: (Bieelastisches) Kunstleder, Kunstleder, Kleber, Spachtelmasse, Schleifpapier, Grundierung o.ä., Kederband/Kantenschutzband
- Edelstahlschrauben, ggf. mit Innensechskant als Ersatz für Messing-Schrauben
- bei NAB-Umbau weitere Kondensatoren und Widerstände


Messgeräte und Zubehör
- Azimuth-Justage Tape 10KHz bei 19,5cm/s
- Osziloskop mit Tastkopf (besser zwei)
- Multimeter
- Audio Messplatz oder Soundkarte mit geeigneter Software
- Federwaage(n) (bis 2Kg Andruckarm, bis 250g Bandzug)
- Tonbandmaterial was anschl. entsorgt werden kann, ggf. Fettstift/Signierstift


Fertig!


Die Details der Restauration habe ich themenbezogen auf gesonderten Seiten beschrieben

Teil 1 : Einleitung
Teil 2 : Das Netzteil
Teil 3 : Magnete und Tastenblock
Teil 4 : Die Motoren
Teil 5 : Die Audioverstärker
Teil 6 : Umbau auf NAB
Teil 7 : Justieren und Messungen
Teil 8 : Der Koffer und Fazit
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